Sommerinterview mit Gesamtprojektleiterin Nicole Kumpfmüller-Böhm

Die Bau- und Wirtschaftsingenieurin ist seit über 20 Jahren bei der Deutschen Bahn. Seit bald vier Monaten leitet sie das Großprojekt Bahnausbau Nürnberg–Bamberg. Zeit für eine erste Bilanz: Was begeistert Nicole an ihrem neuen Job? Welche Herausforderungen gibt es? Und was spornt sie an?

Nicole, wie können wir uns eine „ganz normalen Tag“ als Gesamtprojektleiterin vorstellen? Was sind deine Hauptaufgaben im Projekt?

Ein ganz normaler Tag beginnt bei mir bereits um kurz nach 6 Uhr  - mit der Familie, wie bei vielen anderen auch. Die Kinder müssen versorgt werden und dann in den Kindergarten und die Schule, wobei ich mir diese Aufgaben mit meinem Mann teile. Das sind meine ersten To-Dos am Tag. Wenn das erledigt ist, brauche ich erstmal eine gute Tasse Kaffee, die muss sein.

Auf dem Weg ins Büro nutze ich meistens schon die Zeit für die ersten Gespräche. Und mit den Gesprächen geht es dann im Büro direkt weiter: Ich tausche mich mit meinem Team über den Projektfortschritt aus, berichte an unsere Projektpartner und andere Stakeholder und stimme mich mit wichtigen Schnittstellenpartnern ab. Da wären etwa die Kommunen entlang der Strecke, die von uns beauftragten Baufirmen, das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, die Bayerische Staatsregierung und ihre Verwaltung, das Eisenbahnbundesamt, und, und, und …

Nicole besichtigt eine U-Bahn-Tunnelbaustelle in Nürnberg. Was sie an ihrem neuen Job begeistert? "Eigentlich alles!" (Bild: Stella Loth / DB AG).

Noch lieber als im Büro, bin ich aber natürlich auf einer unserer zahlreichen Baustellen entlang der Strecke. Da schaue ich dann zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen, wie es konkret voran geht. Das beeindruckt mich jedes Mal wieder aufs Neue. Und wenn es mal irgendwo hakt, lassen sich meistens direkt vor Ort schnelle und unkomplizierte Lösungen finden.

Was begeistert Dich an Deinem Job im Großprojekt Bahnausbau Nürnberg–Bamberg?

Ganz ehrlich: eigentlich alles. Ich bin schon seit über 20 Jahren bei der Bahn und hatte in dieser Zeit immer tolle und herausfordernde Aufgaben. Aber so ein Großprojekt ist schon was ganz Besonderes. Das sind nochmal ganz andere Dimensionen und damit geht natürlich auch mehr Verantwortung einher. Gleichzeitig können mein Team und ich hier richtig was bewegen: Mit dem Ausbau der Schieneninfrastruktur bringen wir die Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene hier bei uns in Franken voran. Ich komme zwar aus der Oberpfalz, wohne aber schon seit über 15 Jahren in Franken und fühle mich der Region eng verbunden. Mein Projekt leistet einen direkten und nachhaltigen Beitrag für den Klimaschutz vor Ort und darüber hinaus. Zusammen mit meinem Team gestalte ich die Zukunft unserer Kinder aktiv mit, das motiviert mich enorm.

Dann reizen mich als Bauingenieurin natürlich vor allem die technischen Herausforderungen, die mit einem solchen Großprojekt verbunden ist. Wir bauen auf einer Strecke von rund 25 Kilometern in dicht besiedeltem Gebiet. In diesem Abschnitt befinden sich zahlreiche Brücken und andere anspruchsvolle Ingenieurbauwerke, die wir anpassen oder ganz neu bauen. Der Baufortschritt ist jeden Tag deutlich zu erkennen, das ist einfach toll. Ohne mein Team, das jeden Tag unglaublich viel leistet und dabei hoch motiviert ist, ginge hier gar nichts. Und Spaß haben wir dabei auch noch! (lacht)

Natürlich gibt es auch echte Herausforderungen in so einem Job. Gerade bei Themen mit vielen Beteiligten und unterschiedlichen Betroffenheiten, ist es nicht immer leicht, alle an einen Tisch zu bekommen und gemeinsam eine Lösung zu finden, mit der alle gut leben können. Ich kommuniziere offen und denke bei komplizierten Sachverhalten gerne vom Ende her: Was muss passieren, damit wir hier eine gute Lösung finden und diese dann auch umsetzen können? Mein nächstes großes Ziel ist es, die Güterzugstrecke mit dem Güterzugtunnel Fürth in die Umsetzung zu bringen. Hier Baurecht zu erlangen, ist der nächste ganz große Meilenstein für mein Team und mich. Das spornt mich ebenfalls an.

 

Wow, schon seit 20 Jahren bei der Bahn! Hattest Du ein „schönstes Eisenbahn-Erlebnis“?

Puh, das ist in der Tat gar nicht so leicht, mich auf ein einziges Erlebnis zu beschränken. Ich habe so viele schöne Momente bei der Bahn erlebt! Jedes Mal, wenn wir eine Strecke in Betrieb genommen haben, war das natürlich was ganz Besonderes.

Ein Highlight war auf jeden Fall die erste Zugfahrt auf der reaktivierten Strecke vom bayrischen Selb nach Asch (Aš) in Tschechien vor ein paar Jahren. Ich habe die Reaktivierung der Strecke damals für die DB geleitet. 70 Jahre lang sind da keine Züge mehr gefahren. Und dann sitze ich da zusammen mit Politikerinnen und Politiker aus Bayern und Tschechien und einer kleinen DB-Delegation in diesem Sonderzug - da hatte ich echt Gänsehaut. Das war wirklich ein ganz besonderer Moment für mich.

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